CeBIT'88
Wenn das Wetter es, wie in diesem Jahr, wieder einmal vergißt, das Herannahen
einer neuen Jahreszeit durch entsprechende klimatische Veränderungen deutlich zu machen, dann ist es gut, sich an
beständigeren Anzeichen zu orientieren.
Ein solches alljährliches Zeichen ist
nach dem langen Winterschlaf die von
allen Computerfreunden und Datenjongleuren mit Heißhunger erwartete CeBIT in
Hannover.
Jedes Jahr im Frühling wird die Stadt
zum Pilgerort vieler Tausender und auch
wir wollten uns das größte Computerspektakel nicht entgehen lassen. So
konnten wir für alle, die nicht die
Gelegenheit hatten, die Messe zu
besuchen, nach Neuheiten und Trends
Ausschau halten.
In 13 Hallen boten über 2700 Aussteller
aus 35 Ländern ihre Waren feil und
ließen sich keinen Stand zu teuer sein, um ihr Produkt ins rechte Licht zu
rücken. Ein von Jahr zu Jahr ansteigender Zustrom von 480000 Besuchern bei
diesem Mal gab ihnen recht.
CASIO zum Beispiel hatte einen der
platzraubensten und aufwendigsten Stände
der ganzen Messe, auf dem, anders als
bei den meisten Herstellern, die
Produkte nicht in Haufen auf engem Raum, sondern weit gestreut und übersichtlich
angeordnet waren. CASIO zeigte auch
dieses Mal wieder seine Variabilität und
seinen Marktvorsprung vor der
Konkurrenz. Der Lebensgefährte Computer
wandert nach seinem Eroberungszug vom
Büro ins Wohnund Kinderzimmer nun auch
in die Hosen-, Jackenund Aktentaschen.
Auch wenn bei einigen Geräten die Preise
noch etwas übertieben scheinen, liegt
doch die Vermutung nahe, daß CASIO bald
ein Begriff wie TESA oder UHU sein wird
und die eigentlichen Gerätebezeichnungen
wie Uhr oder Taschenrechner ersetzt.
Das Thema auf gleich zwei Ständen
anderer Computerriesen war das neue
Kommunikationssystem ISDN. Obwohl das
ISDN-Netz bundesweit noch nicht einmal
existiert, stürtzt sich nach SIEMENS
jetzt auch IBM auf die neue Möglichkeit
des komfortablen Telefons. Eine rechnerunterstützte Variante war auf dem
IBM-Stand zu besichtigen. Als zweite
Neuigkeit bot IBM sein Token-Ring System
an. Mit ihm können Bilder und natürlich
auch alle anderen Informationen von
einem PC zum anderen geschickt werden.
Das das ganze nur innerhalb einer Firma
mit dem entsprechenden Kabelnetz
funktioniert, ist wohl ein Nachteil, aber andererseits nicht anders zu
machen. Sofort aufgegriffen wurde das
Token-Ring System von COMMODORE, die
ihre neue Entwicklung, den PC-60, mit
der entsprechenden Anschlußmöglichkeit
liefern.
Nun scheint es aber, als habe es gar
keine Informationen für C64- Besitzer gegeben. Dem ist jedoch durchaus nicht so. Vor allem Drucker waren für Homecomputer zu haben. Als außergewöhnliches Beispiel soll uns hier die DDR-Firma ROBOTRON dienen, die ihre Geräte gleich gegenüber vom COMMODORE-Stand zur Schau stellte. Unter anderen demonstrierte ein C64 und ein C128 die Kompatibilität der Präsident-Drucker, die das Volksunternehmen über westdeutsche Warenhausketten und den Einzelhandel vertreibt. Wir sind zwar nicht vor Staunen in Ohnmacht gefallen, aber ein Drucker muß ja nicht gleich schlecht sein, weil er nicht aus diesem Teil der Welt kommt. Und einen Vorteil hatte
selbst der kleinste Thermodrucker
gegenüber den sonst so gerühmten
24- Nadeldruckern: er druckte brav unsere
Magic Disk! Und nachdem die am
COMMODORE-Stand versammelten Cracker und
Hacker entdeckt hatten, daß bei ROBOTRON
ein C64 unbenutzt herumstand, füllte
sich schnell auch dieser vorher eher mit
Zurückhaltung besuchte Stand.
Bevor wir zu den Informationen aus
unseren Gesprächen mit den
Pressesprechern von COMMODORE, NEC und
Schneider kommen, wollen wir jedoch noch
kurz einen kleinen Überblick über das
außerhomecomputerliche Messegeschehen
geben. Neben eigentlichen Computersystemen nahmen nämlich auch Bereiche um
das Büro einen nicht unwesentlichen Teil
der Messe ein. Eine Halle war zum
Beispiel den Banken vorbehalten, bei
denen in einer Art Symbiose die
Büromöbelhersteller Unterschlupf gefunden hatten. Die Firma VOKO hatte gleich
den Konstruktionscomputer dabei, um
individuell kundengerechte Lösungen
anbieten zu können.
Ganz allgemein lagen auch CAD/ CAM Systeme gut im Rennen, denen eine
andere Halle gewidmet war. Und natürlich
soll auch der Markt& Technik Verlag nicht
unerwähnt bleiben, der in mehreren
Hallen auf Ständen seine Bücher und
Zeitschriften anbot. Auf dem Hauptstand
war eine der beeindruckensten Shows der
Messe zu bewundern. Auf einer 3- D-Bühne
schwammen Fische aus Parabolantennen und
kleine Figuren verschwanden in den
selben - alles in 3- D und Farbe versteht
sich. Die Illusion war perfekt! Außerdem
zeigte ein Videorekorder eine viertel
Stunde spielfilmreife Amigasequenzen, was das Publikum nach wie vor faszinierte.
Schon wegen der dadurch und auch sonst
gebotenen Leckereien für Auge und Ohr
war die CeBIT'88 die Anfahrt wert. Und
so kam man denn auch von überall her, aus Japan und Amerika, und manche sogar
aus Deutschland.
Zwar wurde an Druckern für den C64 auf
der CeBIT'88 auch nicht viel neues
geboten, allerdings interessierten wir
uns für die Marktpolitik und die Pläne
der großen Hersteller.
Zu diesem Zweck führten wir ein Gespräch
mit Renate Herrmanns, der Pressesprecherin der Firma NEC Corporation, die
weltweit zu den führenden Herstellern
von Computerund Kommunikationstechnologien gehört.
MD64 : Frau Herrmanns, wohin geht im
Bereich ' Drucker' der Verkaufstrend?
R. Herrmanns: Der Trend geht klar zu den
24- Nadel-Druckern. In diesem Bereich
sind wir mit dem P6 und dem P7 die
Marktführer.
MD64 : Bekanntlich liegt der Ladenpreis
für Drucker weit unter dem Listenpreis.
Welcher Preis wird sich im Lauf der Zeit
für den jeweiligen Druckertyp herauskristallisieren.
R. Herrmanns: An unserem Listenpreis für
die einzelnen Drucker werden wir in
Kürze sicherlich nichts ändern. Die
Tiefstpreise, die Sie angeschnitten
haben, kommen nicht selten durch sogenannte Grauimporte z. B. aus England
zustande. Vor diesen Grauimporten ist
nur zu warnen, da es für sie keinen
direkten Service gibt.
MD64 : Welches Produkt bietet NEC in der
niedrigsten Preisklasse an?
R. Herrmanns: Zur Zeit ist der P2200 für
DM 998 .- unser billigster 24- Nadel
Drucker. Allerdings bieten wir natürlich
auch sehr günstige 9- Nadel Drucker an.
MD64 : Was sagen Sie zu der Neuentwicklung von Schneider, dem 24- Nadel Drucker
LQ-3500, der für 899 .- angeboten wird?
R. Herrmanns: Dazu kann ich Ihnen nichts
sagen, da mir dieser Drucker nicht
bekannt ist.
MD64 : Frau Herrmanns, wir danken Ihnen
für dieses Gespräch.
Auf der nächsten Seite: NEC P6+
Als nächsten bekannten Hersteller von
Computern und Peripherie haben wir uns
die Firma Schneider vorgenommen, die
durch ihre Neuentwicklung, dem oben
bereits erwähnten LQ-3500, einiges
Aufsehen erregte.
Wie uns der Vertriebsleiter von
Schneider erklärte, wolle man bei
Schneider versuchen, durch eine Händlerkontrolle den Preis des LQ-3500 auf DM
899 .- zu halten. Diese Händlerkontrolle
soll anhand einer Nummerierung der
Geräte vorgenommen werden. Vom Homecomputermarkt hat Schneider sich ganz
zurückgezogen. Die CPC Reihe hat sich
als Reinfall erwiesen und wird deshalb
nicht mehr produziert. Auf dem Periphe-
riemarkt sollen jedoch im letzten Jahr
über 300000 Drucker verkauft worden
sein. Als neues Produkt präsentierte
Schneider auf der CeBIT den EURO PC, der
incl. Monitor, Works, einer Textverarbeitung, einem Kalkulations-, einem
Grafikprogramm und einer Datenbank für
sage und schreibe DM 1298 .- zu haben
ist. Für anspruchsvollere PC-User präsentierte Schneider die Tower PCund
die Target PC-Reihe.
Natürlich besuchten wir auch den
weltweit zweitgrößten Druckerhersteller, das Unternehmen STAR MICRONICS, das im
letzten Geschäftsjahr 305261 Drucker vom
Stapel ließ und damit einen Gesamtumsatz
von mehr als 150 Mio. DM erzielte. Auf
der diesjährigen CeBIT stellte STAR
seine gesamte Produkt-Palette vor, zusammen mit dem zu Beginn dieses Jahres
angekündigten ' LC-10 Colour' .
Bei diesem Drucker handelt es sich um
die Farbversion des Einsteigermodells
LC-10 . Mit einem breiten Farbband, auf
dem neben schwarz noch die Grundfarben
gelb, rot und blau vorhanden sind, lassen sich automatisch sechs Farben
( plus schwarz) ansteuern. Die Farbauswahl erfolgt dabei durch entsprechende
Steuerzeichen. Mit einem Preis von DM
795 .- ist der 9- Nadel-Drucker LC-10 Colour wohl einer der preisgünstigsten
Farbdrucker, den es auf dem deutschen
Markt gibt.
Schließlich erhielten wir eine Audienz
bei Herrn Hahn, dem Pressesprecher des
wohl bekanntesten Computerund Peripherieherstellers, der Firma Commodore, deren Stand tausende Jugendliche und
Erwachsene auf der Messe anzog.
MD64 : Herr Hahn, welche Pläne hat
Commodore, um den C64 weiterhin erfolgreich zu verkaufen, bzw. wie sieht denn
das Werbebudget für den C64 im Verhältnis zum Amiga aus?
Hahn: Wir werden demnächst ein Videogame
- Paket anbieten, das aus dem alten C64, vier Modulen und einem Joystick bestehen
wird. Der Preis wird etwa DM 350 .- betragen. Dies geschieht im Vorfeld der
Fußballeuropameisterschaft, und deshalb
werden sich auf einem oder auf mehreren
der Module Fußballspiele befinden. Was
Ihre Frage zum Werbebudget betrifft, so
kann ich Ihnen nur sagen, daß es natürlich das Ziel des Hauses ist, vorrangig
den Amiga zu bewerben; Aktionen wie die
' Videogame-Maschine' werden die Ausnahme
bilden.
MD64 : Wird es einen neuen C64 geben, etwa einen mit BTX oder einer eingebauten 3 .5"- Floppy?
Hahn: Ihre Frage bezüglich BTX kann ich
jetzt nicht beantworten. Auf dem BTX-Sektor arbeitet Commodore mit der Firma
Siemens zusammen. Siemens hat auch die
endgültige Entscheidung zu treffen.
Einen C64 mit eingebauter 3 .5"- Floppy
wird es auch im nächsten Jahr nicht
geben.
MD64 : Wie sehen Sie die Zukunft der
1581, also des externen 3 .5"- Laufwerks.
Hahn: Ich sehe eine große Zukunft für
das 3 .5"- Laufwerk, auch beim C64 . Die
Voraussetzung für die Verbreitung ist
natürlich, daß die Softwarehäuser mehr
Programme in diesem Format anbieten.
MD64 : Wieviele Amigas wurden im letzten
Quartal verkauft? Wird die Preisentwicklung beim Amiga 500 einen ähnlichen
Verlauf nehmen wie damals beim C64 ?
Hahn: Im Weihnachtsquartal konnten wir
über 50000 Amiga 500 verkaufen. Der
Amiga 1000 wird in Deutschland nicht
mehr angeboten. In 3-4 Jahren werden
auch beim Amiga die Preise nach unten
gehen, zur Zeit sind sie jedoch stabil
und steigen sogar.
MD64 : Herr Hahn, wir danken Ihnen für
dieses Gespräch.
CeBIT'88 - Desktop Publishing
Natürlich haben auf der CeBIT'88 eine
ganze Menge Hersteller den Besuchern
ihre Hardund Software für Desktop
Publishing ans Herz gelegt. Wir wollen
Ihnen an dieser Stelle jedoch nicht
professionelle Systeme vorstellen, sondern vielmehr semiprofessionelle, die
meistens zu einem relativ geringen Preis
viel zu bieten haben.
Natürlich kann man auch mit einem
Commodore Desktop Publishing machen, zwar nicht mit einem C64, allerdings
jedoch schon mit einem Amiga 500 und
einem geeigneten Laserdrucker. Die
Software dazu heißt Professional Page.
Professional Page kann fast alles, wozu
professionelle Software fähig ist. Texte
können rechtsund linksbündig gemacht, zentriert und in Spalten gesetzt werden, wie Sie das z. B. von Tageszeitungen kennen. Das Erstellen einer Tageszeitung wäre z. B. mit Professional Page und dem Amiga 500 kein Problem. Sie können verschiedene Schriftgrößen und Zeichensätze wählen und sogar Bilder aus Grafikprogrammen in Ihren Text integrieren. Als besonders vorteilhaft erweist sich die Fähigkeit von Professional Page, Texte aus Textprogrammen zu übernehmen. Zu einem Preis von ca. DM 700 .- ist Professional Page eine wirklich sehr kostengünstige Alternative zu den Profi-Systemen. Im Vergleich zu dem Amiga-System wollen wir Ihnen jetzt die
Atari-Software vorstellen.
Das Desktop Publishing Programm für den
Atari heißt CALAMUS und ist lauffähig
auf dem Atari 1040 . Auch mit CALAMUS
können Sie verschiedene Schriftarten
wählen, den Text rechts-, linksbündig
und zentriert setzen lassen und Grafik
in Ihren Text einbinden. Vor allem das
Entwickeln eigener Fonts wurde bei
CALAMUS schön gelöst. Die Buchstaben
werden anhand von Vektoren zusammengebastelt. Außerdem enthält CALAMUS ein
Malprogramm, das allerdings keineswegs
so komfortabel wie z. B. Aegis Draw ist.
Auch das Texten sei mit CALAMUS etwas
kompliziert, gab der Vorführer auf dem
Atari-Stand zu. Allerdings gibt es
natürlich auch für den Atari geeignete
Textverarbeitungsprogramme. Mit einem
Preis von DM 998 .- liegt CALAMUS jedoch
etwas über Professional Page.