HARDWARE
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Der Mensch neigt ja nur ungern zu Veränderungen in seiner Umwelt und das auch nur dann, wenn er einen Anlaß dafür findet. Ein solcher Anlaß trat vor eineinhalb Wochen jäh in mein Leben, als mir eines meiner beiden Floppies durch einen nicht wieder abstellbaren Dauerreset seine Kündigung mitteilte.5 Jahre hatte es mir erst als mein einziges und dann als Zweitlaufwerk treu gedient, die heißesten Games und verbotensten Shows geladen und mich einen um den anderen sommerlichen Sonnund Feiertag im Zimmer erbleichen lassen, während sich alle anderen in der
Sonne räkelten. Doch dieses Mal liefen
keine Reparaturund Doktorprgramme, es
war wirklich richtig kaputt!
Da half kein noch so wehmütiges Seufzen
und auch kein Fluchen, es mußte ein
Ersatz her und zwar schnell, bevor auch
das letzte Laufwerk seinen Geist aufgab.
Die Neugier auf das sagenumwobene 3 .5 Zoll-Laufwerk 1581 von Commodore war
zweifellos auch schon vor dem
schwärzesten Tag in der Geschichte
meines alten 1541 dagewesen. Nun endlich
wurde sie mir bewußt! Ich wollte meine
Ohren nicht länger vor den 3 .5 Zoll-Predigern verschliessen.
Ich kramte alle mir zur Verfügung
stehenden Informationen zum Thema
' Hardware des Jahres 87' heraus und las.
Klang ja nicht schlecht, was da so
stand. Einziger Schwachpunkt des 1581 :
Die Disketten. Sie kosten nicht nur
mehr, man darf einem eingefleischten
C64- Freak auch keine davon zeigen, sonst
wird man gleich als Abtrünniger
bezeichnet. Aber ein 1541 hatte ich ja
noch. . .
Eine Woche wurde ich von Zweifeln bald
auf die Seite der Floppyreparatur, bald
auf die Seite der angeblich so zukunftsweisenden Neuinvestition hin und hergeworfen.
Dann kam das Monatsende und mit ihm das
natürliche Bedürfnis, meiner Bank nach
der letzten Gehaltszahlung wieder ohne
Furcht ins Gesicht zu sehen und
ungeniert abzuheben.
Gedacht, getan. Am 1 . sollte der aus der
Rubrik ' Bastelware' schon bekannte
Elektronikhändler meines Vertrauens mit
mir feiern. Doch ach, wie enttäscht
mußte ich mir sagen lassen, daß die 1581 leider erst in aus meiner Sicht zu
vielen Tagen wieder lieferbar sei.
Leicht deprimiert verließ ich den
( früheren) Händler meines Vertrauens, um
ihn mit seiner Konkurrenz zu betrügen.
Kaum eine Stunde später war ich der
Besitzer eines der seltenen 1581, das
zwar noch eingepackt war, dem ich aber
innerlich schon all meine mir zur
Verfügung stehenden Glücksgefühle
entgegensendete, woran ich auch gut tat, denn es hatte schließlich nicht wenig
gekostet.330 DM lang hatte ich letzten
Monat dafür arbeiten müssen.
Auspacken und Anschließen war natürlich
nicht das Aufregenste, auch der erste
Anblick des neuen Gerätes war
ernüchternd.' Moment, wo ist der Rest?
Da fehlt ja die Hälfte!' durchfuhr es
mich, aber dem war nicht so. Es fehlte
nichts. Das handliche Gerätchen hatte
mit 6 .3 x14 .0 x23 .0 cm nichts mehr mit dem
Schuhkartonformat seiner Vorgänger zu
tun. Es erweckt eher den Eindruck einer
verkabelten Videokassette.
Der Lieferumfang bescherte mir dann noch
des Users ungeliebtes Kind, ein
Netzteil, das wegen seines Aussehens auf
keinen Tisch, wegen seiner Form hinter
keinen Schrank und wegen meiner Füße
auch nicht unter den Tisch paßte.
Nun thront das ( oder heißt es ' die' ?) neue Floppy auf dem letzten funktionsfähigen 1541 und schnurrt nur gelegentlich leise beim Betrieb. Der Sandpapiereffekt der alten 1541 wurde nicht mehr
eingebaut. Die ungewohnte Geräuschlosigkeit des 1581 verführt den Benutzer
immer wieder dazu, einen mahnenden Blick
auf die Leuchtdioden zu werfen, weil man
nicht so recht glauben mag, daß man auch
ohne Rauschen Daten speichern kann. Und
das bringt uns auch schon zur Bedienung
des neuen ' Technikwunders' .
Außer der Demodisk ist ein ca.140 Seiten starkes Bedienungshandbuch ( die
genaue Anzahl der Seiten ist die Lösung
der Aufgabe " Wenn 100 Seiten 4 .8 mm dick
sind, wieviele Seiten sind in 6 .5 mm, wenn die Rückseite aus dünner Pappe ist, die Vorderseite aber auch?" . Der Anhang
wurde leider nicht durchnummeriert.) im
Karton.
In ihm finden wir als Handbuchkenner
viel Bewährtes, z. B. alle Floppybefehle, dieses Mal auch für den C128 ausführlich
erklärt. Allerdings wird durch eine
erzwungen deutsche Begriffsverwendung
das Verständnis erschwert. So heißt z. B.
das Directory plötzlich ( . . . nein, nicht
Katalog, sondern. . .) Verzeichnis. Auch
die Ähnlichkeit zwischen Asterix und dem
Malsternchen auf der Tastatur war mir
bisher verborgen geblieben.
Sehr positiv ist die Möglichkeit, das
1581 Laufwerk auch ohne Geschwindigkeitsverluste am C128 zu betreiben. Der
C64 hat wie immer nichts davon. Oder
doch? Egal, welchen der beiden Computer
Sie verwenden, Ihnen stehen auf jeden
Fall unglaubliche 3160 Blocks auf einer
bierdeckelgroßen Diskette zur Verfügung.
Das ist doch schon ein Vorteil, der
nicht einfach so von der Hand zu weisen
ist. Dazu kommt noch volle Kompatibilität zu allen Programmen ( ausgenommen Speedern), die Floppybefehle
benutzen.
Nun mag man denken, das wär' s, mehr paßt
nicht in einen so kleinen Kasten. Aber
weit gefehlt! Ein großes Kapitel im
Handbuch beschäftigt sich mit den sog.
BURST-Befehlen. Mit diesen für Anfänger
zugegebenermaßen kaum zu durchschauenden
Befehlen kann man die Übertragungsgeschwindigkeit noch um ein Vielfaches
erhöhen. Es soll dann sogar noch
schneller gehen, als mit dem C128, so
verspricht es jedenfalls das Handbuch. . .
Na, da darf man ja gespannt sein, was
die Softwarezukunft so bringt!
Mir machte am ersten Benutzertag
zunächst meine Softwarevergangenheit zu
schaffen. Frustriert mußte ich feststellen, daß keines meiner Kopier-
programme in der Lage war, eine 5 .25 auf
eine 3 .5 Zoll-Disk zu kopieren. Nach
genauerem Studium der Demodisk fand ich
dann das Kopierprogramm von Commodore, den ' Leuten mit der vielen Zeit' . Es
erhält hiermit von mir den Preis für das
langsamste Kopierprogramm des Jahres
1988 ! Stolze 255 Bytes/ Sekunde werden
damit geschrieben, Lesezeit extra!
Eigentlich eignet sich das 1581 durch
seine Vorzüge ja gerade zum Archivieren
alter Diskettenboxen, aber nicht mit
diesem Kopierprogramm. Da werden sich
wohl wieder erst die ' Kids' versuchen
müssen, bis etwas Brauchbares entsteht.
Praktisch ist das 1581 aber auch so. Es
kann mehr als die ( das)1541, aber es
kostet ( fast) nicht mehr. Es ist klein
und entlockt mir noch heute gelegentlich
einen ungläubigen Blick, aber dafür
weniger störanfällig wegen des 3 .5 Zoll-Laufwerks und seine Disketten
können ruhig auf den Boden fallen, ohne
gleich alle Bits aufzugeben.
Also auf in die 3 .5 Zoll-Zukunft? Nun, sicher werden die 1541 und 1571 Laufwerke bis ans Ende der C64- Zeit
existieren, aber die Vorteile des 1581 sichern ihm und seinen 3 .5 Zoll-Disks
einen festen Platz.
Für den Käufer bleibt nur zu hoffen, daß
bald noch viel mehr Leute ein solches
Gerät erstehen, damit man bald auch mit
einer 3 .5 er Disk einen Tauschpartner
findet.
Sind Sie neugirig geworden? Liegt Ihr
Zweitlaufwerk in den letzten Umdrehungen? Oder ist vielleicht bald wieder
der Erste?
Dann nichts wie hin zum Händler, denn
anschauen kostet ja nichts. . . und wenn
Sie sich dann zufällig dabei ertappen, daß Sie ein 1581 mit nach Hause nehmen, dann dürfen Sie ganz beruhigt sein: Sie
werden es nicht bereuen!
Doch das Wichtigste für unsere
Einsender: Wir nehmen jetzt auch gerne
3 .5 Zoll entgegen. Es besteht dann ein
geringeres Transportrisiko.
Also: NUTZEN! ! ! ! !