HACK MECK
" Hacker sind böse Menschen!" Diesen
Eindruck bekam ich, als ich mich aus
Langeweile daranmachte, einmal in einer
Ausgabe einer vielgelesenen Zeitschrift
für Bürokommunikation zu blättern.
Ein Experte einer Firma schrieb sich
dort seine Verbitterung darüber von der
Seele, daß an das Postnetz angeschlossene Computersysteme von Hackern hin und
wieder Besuch bekommen. Ob das nun mit
böser Absicht und mit kriminellem
Hintergedanken geschieht oder mehr aus
Interesse, gutmütig darauf hinzuweisen, daß zumindest dieser Schutz vor fremdem
Eingriff wohl nicht funktioniert hat, war ihm dabei einerlei. Schnell war da
von Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung
und Diebstahl die Rede, und von Gerichten, vor denen der Autor des Artikels am
liebsten alle in dieser Richtung
Interessierten sehen würde.
Zum Glück ist es nun leider gerade diesen Leuten, die am lautesten schreien, nicht vergönnt Ihre Meinung auch in die
Tat umzusetzen. Zu komplex sind die
Rechner und zu einfach die verwendeten
Codes.
Der Mensch ist nicht mehr Herr der
Computersysteme, er soll eher deren
Diener sein und ihnen Daten servieren.
Der so Mißbrauchte dankt es der
ungeliebten Neuentwickltung mit Desinteresse. Als Erfolg werden Codes
verwendet, die selbst Kinder leicht
erraten können.
' Fremde haben in unseren Datenbeständen
überhaupt nichts verloren. Unsere Daten
sind für niemanden interessant'- argumentieren die Verantwortlichen in den
Firmen gerne. Aber warum dann ein ( fast) undurchdringlicher Sicherheitswall in
jeder Datenleitung nach draußen. Macht
das Verbotene nicht erst den Täter?99% der Hacker haben nicht Spaß daran, in
zugelassenen Mailboxen Nachrichten zu
hinterlassen, ebensowenig wie es Cracker
reizt, in copieroder gar listbare
Programme stolz ihren Namen zu
schreiben. Es ist doch erst das Verbotene, das Versteckte, das Geheimnisvolle, das den Anlaß zum Forschen und
zur Neugier bietet. Oder was würden Sie
tun, wenn Sie eine offene Tür sehen, vor
der ein Schild steht ' Eintritt
verboten' ? Vielleicht würden Sie denken, daß der Durchgang wohl nicht für Sie
bestimmt sein mag und einen anderen Weg
wählen. Vielleicht würden Sie aber auch
hineingehen.
Was aber würden Sie tun, wenn auf dem
Schild stünde ' Streng geheim! Eintritt
strengstens verboten!' ? Bei dieser Aufschrift würde der Prozentsatz der
Hineingehenden um ein Vielfaches
steigen. Die Menschlichkeit des
Verhaltens der gutmütigen Mehrheit der
Hacker ist nur allzu verständlich, um
die Argumente der Industrie akzeptabel
zu machen. Die Frage ist, wem man mehr
glauben schenkt. Jemandem, der etwas
verbietet, weil er etwas zu verbergen
hat, oder jemandem, der etwas aus Freude
tut, ohne daraus Gewinn ziehen zu
wollen.
In einigen Unternehmen ist man nun
darauf gekommen, daß eine unternehmenseigene, offizielle Mailbox die
Hackaktivität lindert. Sie lenkt
gewissermaßen davon ab, daß es auch
Bereiche gibt, in denen Fremde nichts zu
suchen haben. Dieses System zeugt
zumindest erstmals von einer gewissen
Einsicht. Durch eine Senkung des Neugierdepotentials und der Handlungsbereitschaft werden viele Hacker davon
abgehalten, nach weiteren ' verbotenen' Wegen zu forschen und die Firma bleibt
verschont. Der Hackermarkt aber hat
nebenbei eine Mailbox dazugewonnen und
die besonders hartnäckigen Hacker werden
sich zuerst um die uneinsichtigen Firmen
kümmern. Ein Lösung, die hoffen läßt. . .
*** CHAOS ÜBER ALLEM! ***
Auch wenn es einigen Mitgliedern nicht
so recht sein dürfte, weil Sie nun
hinter Gittern sitzen, so hat der Chaos
Computer Club doch zumindest einen
großen Sieg errungen: Jeder kennt ihn.
HACK MECK
Und wer Ihn einmal kennt, der vergißt
Ihn auch nicht wieder. Unsere Erfahrung
spricht Bände. Um möglicherweise ein
Interview für unser Magazin zu
arrangieren, riefen wir bei Chaos an. Es
war, darauf hatten wir geachtet, bei
Chaos gerade die extra für Anrufer
eingerichtete Hotline und so hatten wir
das Glück, nach langem Klingeln auch
jemanden so intensiv zu stören, daß er
abhob.
" . . . blablabla. DU HAST DICH VERWÄHLT!
- klick" war die erstaunliche Begrüßung
und gleichzeitig auch das Ende des
Gesprächs. Ein zweiter Anruf verlief
leider ergebnislos, weil die Post nur
eine begrenzte Anzahl von Klingelzeichen
zuläßt, bevor sie die Verbindung unterbricht.
Eine viertel Stunde später gelang es uns
abermals, jemanden zum Abheben zu
bewegen. Dieses Mal stellte man sich
auch artig vor:" CHAOS, hallo?" Hocherfreut begannen wir also die
langerwartete Unterhaltung mit den
armen, um Spenden bettelnden und
bürgernahen Chaos-Hackern, die jedem
gern zur Seite stehen. So jedenfalls war
unser Eindruck, den wir aus den
Veröffentlichungen erhalten hatten.
Wir waren also auch nicht beleidigt, als
wir erst erklären mußten, was Magic Disk
64 ist. Als wir uns allerdings auf
unsere Erklärung lachend und prustend
anhören mußten, ob es denn den C64 überhaupt noch gäbe, wunderten wir uns
schon ein wenig. Unsere Verwunderung
nahm sogar noch zu, als von uns im
Gegenzug erwartet wurde, daß wir
selbstverständlich die ' Datenschleuder'( die Zeitung vom CCC) abonniert hätten.
Als wir zugaben, daß das bisher nicht
der Fall war und wir somit keinen
kompetenten Gesprächspartner darstellten, beließ man es bei der Zusage, uns
ein Exemplar zu schicken. Die Adresse
durften wir dann aber doch noch angeben.
Damit war unser kontakt beendet. Das war
im Januar. Seitdem warten wir auf die
' Datenschleuder' .
Ein anderer Fall:
' Freedom of Information' oder ' Die
Freiheit der Informationen' ist seit
langem das erklärte Ziel des Chaos
Computer Clubs. Wie verwunderlich mutet
es da an, wenn man erfährt, wie es der
CCC mit der Freigabe der eigenen
Informationen hält. Für die Dokumentation des Einbruchs bei der NASA zum
Beispiel verlangt er hundert Mark von
jedem, der die Geschichte haben will.
Lesen kann die Geschichte also nur, wer
es sich auch leisten kann. Da kennt der
CCC nichts: auch die ärmsten Hacker
werden bei Anfrage zur Kasse gebeten.
Dabei sind es doch gerade diese, die es
laut Chaos zu loben und zu schützen
gilt.
Ein etwas verwunderliches Verhalten, das
die ohnehin zweifelhaft gewordene Arbeit
des Chaos Computer Clubs noch fraglicher
werden läßt.
In der Hackerszene ist dieses Verhalten
mit großer Betroffenheit zur Kenntnis
genommen worden. Nach dem fehlenden
guten Beispiel distanziert sich nun auch
die sog. Basis der Hacker vom CCC, was
die Frage aufwirft, als wessen
Interessenvertretung sich der CCC wohl
das nächste Mal ausgeben wird.
Wohltäter oder Gangster? Wir dürfen
gespannt sein. . .