MESSEBERICHT
Nicht nur für viele Computerfreaks war der 14 . September ein Datum, dem mit sehnsüchtiger Erwartung
entgegengehungert wurde. Das nämlich war der Tag, an
dem die Personal Computer Show'88 in London eröffnet
wurde. Von Experten wird sie als Europas größte und
bedeutendste Softwaremesse bezeichnet, was sich
allerdings nicht mit Ihrer tatsächlichen Ausdehnung
deckt. Die PCW 88, wie sie allerorts abgkürzt wurde, gewinnt vielmehr dadurch an Einmaligkeit, daß alle
namhaften Softwarefirmen auf einem Fleck Informationen und Trends für das kommende Jahr bekanntgeben.
Wer hier nicht präsent ist und trotzdem auf Ruhm und
Ehre hofft, der muß ein weiteres Jahr warten, bis
sich diese Messe wiederholt.
In nur einer einzigen Halle raufte man sich also auch
dieses Jahr wieder zusammen, um mit allen werbewirksamen Tricks nicht nur Fachbesucher, sondern auch den
User selbst an den Stand zu locken. Kein Wunder also, daß das Durchschnittsalter an manchen Ständen unter
16 Jahren lag.
Die Räumlichkeiten der PCW 88 waren in drei große
Bereiche untergliedert:
Ein Teil war der reinen Geschäftssoftware gewidmet.
Hier regierten die immer schneller werdenden Personalcomputer mit inzwischen 30 MHz Taktfrequenz und
brillierten mit unerschöpflichen Datenfluten vor den
begeisterten Anwendern.
Im zweiten Bereich waren die vergleichsweise schon
langsameren 16- Bitter wie zum Beispiel der Atari ST
zu Hause, von denen sich die Hersteller immer noch
versprechen, daß diese eines Tages die alten 8- Bit-Homecomputer vom Markt verdrängen.
Der dritte Teil der Messe, der dem Eingang am nächsten lag und gleich einen bleibenden Eindruck vermittelte, war der Spielesoftware vorbehalten. Hier waren
Namen wie U. S. GOLD, Firebird, Grandslam, Incentive
und viele andere vertreten, die sich auf dem Spielesektor längst etabliert haben. Ein neuer Trend
scheint zum ' Filmspiel' zu führen. Kinoerfolge wie
ROBOCOP oder RED HEAT werden auf dem Bildschirm noch
einmal an den Mann gebracht. Leider hat das Spiel
manchmal nur den Namen und die Titelfigur aus dem
Film übernommen. Es ist zugegebenermaßen auch schwie- rig, eine 1 .5 stündige Handlung eines Kinofilms in
einen nur 64 Kilobyte großen Speicher zu packen.
Um den nötigen Bezug trotzdem herzustellen, waren
haufenweise Bildschirme über den Köpfen der Leute angebracht worden, auf denen der zukünftige Kunde am
laufenden Band Ausschnitte der zu Spielen verarbeiteten Filme zu sehen bekam. Das Interesse am Ausprobieren der Spiele, die allzu oft reine Ballerspiele
waren, war denn auch so groß, daß ein bloßes Vorbeigehen durch die Menschenmassen unmöglich gemacht
wurde.
Der Stand der Firma DOMARK war ein Anziehungspunkt
besonderer Art. Hier war eine lebensgroße Puppe mit
dem Gesicht von Maggie Thatcher ausgestellt, die den
Betrachter mit witzigen Texten über Ihre Einstellung
zur Computerwelt informierte. Die Puppe war dabei so
lebensecht gesteuert, daß man eine geraume Zeit
brauchte, um festzustellen, daß sich in ihr nicht ein
Mensch, sondern ein Haufen Motoren verbarg.
Die Firma Incentive bewarb vor allem ihr neuestes
Produkt, das Spiel TOTAL ECLIPSE. Nach DRILLER und
DARK SIDE ( wir erinnern uns an die Berichte in der
Rubrik Software) wurde nun die 3 D-Simulation ' Free Scape' dazu verwendet, um ein Spiel zu programmieren, welches in der Wüste Ägyptens spielt. Zur besseren
Wirkung auf den Kunden gab es am Stand kleine Schokoladenpyramiden.
Weiterer Anziehungspunkt war ein in der Halle aufgestellter Flugsimulator. Das ca.4 x5 Meter große Gerät
bot Platz für 12 Fluggäste und bewegte die Kabine zum
gezeigten Helicopterflug. Eine eigene Steuerung war
aber leider nicht möglich.
Da eine Softwaremesse in den meisten Fällen sowieso
nichts für Pazifisten ist und man in England zu solchen Dinge ohnehin eine andere Einstellung hat als
hierzulande, hatte eine Firma sogar die Mühe auf sich
genommen, einen Panzerwagen aus dem zweiten Weltkrieg
auf den Stand zu fahren und ein in Kampfanzug gekleideter Soldat verteilte Spieleinformationen an die begeisterten Jugendlichen.
Die meisten Neuvorstellungen auf der Messe waren
jedoch zunächst nur für den englischen Markt bestimmt
und für uns nur in sofern interessant, als sie wohl
bald auch in Deutschland erscheinen werden. Wenn es
soweit ist, werden wir sie Ihnen in der Rubrik
Software vorstellen.
Neben der Homecomputersoftware waren für Interessierte außerdem MIDIund Composerprogramme ausgestellt, mit denen es dem Musiker erleichtert wird, Musik zu
komponieren und auf seinem Synthesizer zu spielen.
Auch die musikalischen Möglichkeiten der in die Computer integrierten Soundchips und zusätzlich erhältlichen sogenannten ' Soundboxes' wurden mancherorts
angepriesen.
An den PCs wurden neben Mäusen auch die Handyscanner vorgeführt. Diese kleinen Geräte haben die
Größe einer Maus, sind aber in der Lage, eine ungefähr 10 x10 CM große Fläche abzutasten und auf den
Bildschirm zu übertragen. In die gleiche Marktlücke
drängen auch die Hersteller von Digitalisierern für
Videobilder. Die Schnellsten können heute schon in
Echtzeit Signale von Videokameras verarbeiten, allerdings nicht mit dem C64 ! Eine Demonstration mit Farbverfälschung war besonders eindrucksvoll.
Ob sich alle ausgestellten Produkte so gut verkaufen, wie es die Aussteller hoffen, muß das vor uns liegende Jahr erst zeigen. Das Rennen um die Kunden hat
bereits begonnen und endet nächstes Jahr:
Auf der PCW 89!