EIN SPEZIAL -----------
Aus aktuellem Anlaß (siehe ABT. LESER- BRIEFE) ist das "Forum" der Februar- ausgabe ein bißchen "dicker" als sonst ausgefallen. Der Grund, daß Ihr neben der obligatorischen ABT. LESERBRIEFE darin einen weiteren Menüpunkt vorfin- det, ist folgender: Schon seit geraumer Zeit liegt in meiner Box eine Kurzge- schichte, die mir ein Leser namens AN- DREAS ROLFES aus LÜDINGHAUSEN zuge- schickt hat. Geplant war eine Veröf- fentlichung dieser in der Maiausgabe 1991. Da sich nun jedoch einiges geän- dert hat, ich Euch das Werk von ANDREAS aber nicht vorenthalten möchte (er hat sich ja schließlich auch eine Menge Ar- bei gemacht!), werden diese Pläne der Einfachheit halber durcheinander und zum nächstbesten Fenster hinaus geworfen und der Veröffentlichungstermin einfach um zwei Monate vorverlegt. Tja, so ein- fach ist das hier, und ich will Euch auch gar nicht länger auf die Folter spannen, sondern mich nur noch schnell ganz herzlich bei ANDREAS für die nette Idee bedanken. Ich hoffe, die Einblicke in ANDREAS' Computerleben bereitet Euch nicht zu- letzt des unbestrittenen Wahrheitsgehal- tes wegen, der in der Geschichte immer- fort mitschwingt, soviel Spaß wie mir. Ich für meine Person mißtraue ja unse- ren munter-vor-sich-hindruckenden Freun- den schon seit jeher und habe es deshalb bisher auch tunlichst vermieden, mir ei- nen solchen anzuschaffen. Als ich die nun folgenden Horror-Visionen zum ersten Mal las, konnte ich mich selbst zu die- sem Entschluß nur beglückwünschen. Wie gesagt: Das Mißtrauen sitzt tief ... Viel Spaß! Euer
PAUL PLODDER (Nicht-Druckerbesitzer) ---------------------------------------- DAS GRAUSAME SCHICKSAL EINES DRUCKER- ------------ BESITZERS -------------- ---------
Es war ein schöner, sonniger Tag im Won- nemonat Mai, und wie in jedem Jahr hatte ich am fünften dieses Monats Geburtstag. 29 Lenze zählte ich nun schon, und da es sich um keinen besonderen Geburtstag handelte, erwartete ich auch keine be- sonders großen und teueren Geschenke. Aber weit gefehlt. Meine Frau hatte ihre letzten Ersparnisse zusammengekratzt und mir doch tatsächlich einen Drucker auf den Gabentisch gestellt - es war wie Weihnachten und Ostern auf einen Tag !!! "Damit Du wieder etwas mehr Zeit für mich hast und nicht mehr nächtelang vor dem Bildschirm hocken mußt, um Dir die Kurse und Anleitungen von der MAGIC DISK abzuschreiben!", hatte sie lächelnd ge- sagt, doch ihre Worte waren nur wie durch einen dichten Nebel zu mir gedrun- gen, und eigentlich war in diesem Moment schon klar, daß sich ihr Wunsch vorerst nicht erfüllen würde. Mit verklärtem Blick hielt ich meinen neuen PRÄSIDENT 6320 im Arm und schweb- te mit ihm in mein Computerzimmer. Spä- ter wurde ich einmal gefragt, wer denn alles zu meinem Geburtstag gekommen war - ich konnte diese Frage nicht be- antworten. An diesem Tag hatte ich nun wirklich andere Probleme, als mich um meine Gäste zu kümmern. Zunächst stellte ich mir die Frage, wie denn der Drucker mit dem 128er zu verbinden sei. Sicher, ein Anschluß war wohl vorhanden, aber der wurde von der Floppy-Station belegt, und auf die wollte ich nun wirklich nicht verzichten. Auch eine intensive Suche im Handbuch brachte mich keinen Schritt weiter. Viele Varianten gab es ja nicht, und schließlich machte ich genau das Richtige und verband den Druk- ker mit dem Floppy. Den Schluck aus Co- ladose hatte ich mir jetzt wirklich ver- dient! Der Netzschalter war schnell gefunden (so ein Drucker hat ja gottlob nur sechs Seiten!), doch ein Drücken auf den Knopf brachte die LED nicht zum Leuchten. Was war passiert? Na klar, Netzstecker nicht eingesteckt! Aber das kann ja jedem pas- sieren, denn schließlich bin ich nur programmierer und kein Techniker. Jetzt endlich leuchtete das rote Lämpchen, und ein grünes zeigte mir auf, daß der Druk- ker "online" war. Zum Glück hatte ich das Wort schon einmal gehört und wußte, was es bedeutet. Als nächstes wollte ich nun das Papier einspannen (meine Frau hatte zum Glück daran gedacht!), jedoch mußte ich zu meinem Unmut feststellen, daß der Druk- ker so ungünstig stand, daß an eine ge- regelte Papierzufuhr nicht zu denken war. Also: Alle Kabel raus, Geräte um- stellen, schnell noch eine Kabelver- längerung suchen, Stecker wieder ein- stöpseln - und auf zur nächsten Hürde! Mir fiel auf, daß es in der Zwischenzeit ziemlich still geworden war, und ein verstohlener Blick vor die Zimmertür be- stätigte meine Vermutung: Die Gäste wa- ren gegangen, meine Frau war schon im Bett. Ein kurzer Blick auf die Uhr: 22.30! Na, geht ja noch ...! Kurze Zeit später war das Drucker-An- passungsprogramm, das dem Diskettenma- gazin, das ich mir jeden Monat kaufe, immer beigefügt ist, eingeladen, und meine Freude kannte keine Grenzen, als ich entdeckte, daß mein Drucker in der Auswahlliste des Anpassungsprogramms aufgeführt war. Also: Nur anklicken, und ab geht die Post! Wenig später erstrahlte auf meinem Mo- nitor eine der vielen schönen Grafiken des Disketten-Magazins, und mit zittern- den Händen betätigte ich die Taste, die dafür vorgesehen ist, das Bild auf mei- nen Drucker zu bringen. Sekundenlang herrschte Totenstille, doch plötzlich, ein sägendes Geräusch - zwar nur kurz, aber immerhin. Gebannt starrte ich auf das Papier, das sich aus dem Schlitz über der Druckerwalze herausschob, und las etwas ähnliches wie "GrMbLfjX". Noch während ich überlegte, was mir der Druk- ker damit sagen wollte (eine Systemmel- dung?), sprang mir plötzlich eine Seite meines kostbaren Papiers entgegen, dann noch eine Seite, und schließlich eine dritte. Oh je, ich wußte gar nicht, daß der Abstand zwischen den einzelnen Gra- fikzeilen so riesig ist. Das ergäbe ja ein Poster im Format 80 zu 120 Kilome- ter !! Schnell erkannte ich, daß da irgendetwas nicht stimmen konnte. Noch bevor ich das Gerät abstellen konnte, gab es mir die Meldung "XINRAW" aus und verstummte von selbst. Ein bißchen ärgerlich war ich schon, denn das bedeutete ja, daß zu dem Drucker-Anpassungsprogramm noch mehr In- formationen von Nöten gewesen wären. Na ja, selbst ist der Mann. Nach einer Stunde intensiver Lektüre des Druckerhandbuches war ich mir sicher, daß das Übel durch Umstellen der DIL- Schalter zu beheben sei. Ich entdeckte diese auch relativ schnell an der Vor- derseite. Meine Euphorie wurde aller- dings sofort etwas gebremst, da es von diesen kleinen Dingerchen doch immerhin 28 Stück gab, von denen Gott sei Dank zwei miteinander verschmolzen waren, so daß sie sich nicht mehr bewegen ließen. Dennoch blieben 67.108.864 Kombinations- möglichkeiten offen, kannte doch jeder Schalter zwei Stellungen, und wenn ich davon ausging, für jede Kombination zwei Minuten zum Antesten zu benötigen, dann müßte die gesuchte Kombination nach spä- testens 255 Jahren gefunden sein. Also, frisch ans Werk! Eine Woche später feierte ich ein klei- nes Jubiläum, denn ich war bei Komina- tion 5000 angekommen. Sie ging zwar wie- der in die Binsen, aber der Mensch ge- wöhnt sich an alles. Ein paar Wochen später war ich schon schlauer und zähl- te die Versuche gar nicht mehr erst. Es war ziemlich heiß, und als ich eines Ta- ges eine Ansichtskarte meiner Frau aus Mallorca bekam, vermutete ich, daß es mittlerweile wohl schon Sommer geworden war. Irgendwann gegen Ende des Jahres entging ich knapp dem Tod. Ich war mit meinem Bart, der inzwischen schon gewaltig ge- wachsen war, in die Druckerwalze gera- ten. Nur dem Zufall verdanke ich es, daß ich heute noch lebe, den bei dem wilden Kampf wickelte sich das Kabel um meinen Fuß und wurde so aus der Steckdose ge- rissen. Nach und nach war ich schon fast bis zum Skelett abgemagert, sah äußerst unge- pflegt aus und stank penetrant aus allen Knopflöchern. Meine Frau hatte ich schon seit mehreren Monaten nicht mehr gese- hen, aber wahrscheinlich hätte sich mich auch nicht wiedererkannt. Seit meinem Geburtstag hatte ich schätzungsweise 200.000 Kombinationen ausprobiert, je- doch wurden meine Bemühungen niemals von Erfolg gekrönt. Ich stellte also den nächsten DIL- Schalter um und drückte erneut auf die Druck-Taste. Die erste Reaktion war ein 10-facher Blattvorschub, und zum ersten Mal stellte sich mir die Frage, warum ich eigentlich immer noch Papier hatte. Irgendetwas schien hier nicht zu stim- men! Weitere zehn Blätter rasten um die Walze herum, jedoch wurde schon im näch- sten Augenblick aus dem Vorschub ein Rückschub, in Zuge dessen sich der Druk- ker das Papier, das er kurz zuvor ausge- spuckt hatte, wieder zurückholte. Die Transportgeschwindigkeit erhöhte sich mit jeder Sekunde, und schon bald hob ein ohrenbetäubendes Sausen und Brausen an. Der ganze Raum war erfüllt von End- lospapier, und es sah so aus, als ob der Drucker mit riesigen Flügeln schlagen würde. Tatsächlich hob er kurz darauf vom Schreibtisch ab und begann, mich mit höhnischem Gelächter zu umkreisen. Plötzlich hielt er jedoch an, schwebte langsam in die äußerste Ecke des Raumes und raste dann unvermittelt und mit zu- nehmender Geschwindigkeit auf das ge- schlossene Fenster zu. "Neeeeiiiiin!!!", schrie ich aus vollem Hals und machte einen riesigen Sprung nach vorne. Der Monsterdrucker schien das erwartet zu haben, denn mit einer Vollbremsung kam er zum Stehen. Ich rannte los, wollte an ihm vorbei, jedoch trat ich in der Höhe des Fensters auf meinen Bart, rut- schte aus und flog auf die Fensterschei- be zu, durch die ich mit lautem Getöse brach. Ich fiel, und über mir hörte ich dan hysterischen Drucker vor Vergnügen kreischen. Noch zwei Meter und ... ... es klingelt der Wecker. Ich schrecke hoch und brauche erst einmal ein paar Sekunden, um zu erkennen, daß ich das alles nur geträumt habe. Neben mir schläft seelenruhig meine Frau, und ich atme erleichtert auf. Rasch kleide ich mich an und schleiche mich aus dem Schlaf- in das Computerzimmer. Alles ist ruhig, und die Geräte stehen brav an ihren angestammten Plätzen. Doch was ist das? Neben dem 128er liegt eine frisch ausgedruckte Grafik? Nach und nach fällt mir wieder ein, daß ich sie gestern abend noch schnell ausgedruckt habe, was eigentlich gar nicht so schwer gewesen war. Lächelnd lege ich das Bild wieder an seinen Platz und verlasse den Raum. Kurze Zeit später mache ich mich auf den Weg zur Arbeit, aber nicht, ohne noch einmal einen Blick in das Computerzimmer zu werfen. Beruhigt will ich die Tür wieder schließen, als mein Blick auf den Karton mit dem Druckerpapier fällt - er ist leer !
- ANDREAS ROLFES -