DEFCON 5
Die weltraumgestützte Raketenabwehr war ja schon
einmal das Thema eines Spiels, das wir Ihnen in
dieser Rubrik vorgestellt haben. Damals hieß es SDI
und konnte mit seinem Themenbezug wenig überzeugen.
Das ist dieses Mal ganz anders! DEFCON 5 heißt die
bisher wohl wirklichkeitsgetreuste Nachbildung der
ehrgeizigen SDI-Pläne der Amerikaner.
Eines sei aber schon jetzt gesagt: Obwohl das Spiel
in Deutschland vertrieben wird, ist es in Englisch
gehalten. Die ganze Anleitung besteht jedoch eher aus
einer Sammlung vertraulicher Mitteilungen zum Thema
SDI, als aus einer Bedienungsanleitung im
herkömmlichen Sinn. So werden zunächst Sinn und
Anwendungsweise der Waffensysteme erklärt und auch
die Politik wird einbezogen, wenn es darum geht, dem
Spieler in seine neue Aufgabe einzuweisen.
Ein Wörterbuch ist allerdings zu empfehlen, denn wer
weiß schon im Kopf, wie man beispielsweise ' Treaty
against the proliferation of nuclear weapons' ins
Deutsche übersetzt? !
Aber keine vorschnellen Urteile, denn wer sich nun
abschrecken läßt, dem entgeht ein Spiel, wie man es
selten genug findet.
Die Idee des Spiels ist es, Angriffe auf das Gebiet
der U. S. A. abzuwehren. Dazu hat man insgesamt neun
verschiedene Waffensysteme, die nacheinander
eingesetzt werden müssen. Anfangs wirkt das Spiel
etwas trocken, denn der Benutzer sieht nichts als
ein Terminal vor sich, in das er Codes tippen kann
und dann Landkarten oder andere Codelisten zu sehen
bekommt. Erst nach einiger Zeit findet man dann in
der Anleitung den Vermerk, daß das Terminal mit
' AA001' erst aktiviert werden muß. Danach beginnen
die ersten Angriffe. Weltraumminen suchen sich den
Weg zu Ihren Abwehrwaffen und es ist an Ihnen, sie
vorher zu zerstören. Auch hier ist wieder ein
ausgiebiges Studium der Anleitung und damit in Englisch gefragt. Wer das nicht will, der muß
probieren, was ohnehin über Studieren geht.
Der Verteidigungszustand hat sich mittlerweile auch
auf DEFCON 5 verschlechtert. Was für viele ein
Geheimnis bleibt, ist die Herkunft des Spielenamens.
Den Ausdruck DEFCON gibt es nämlich wirklich in der
amerikanischen Militärsprache. Ausgeschrieben heißt
er Defense Condition, eben Verteidigungszustand.
Ebenso wie dieses Wort sind auch viele andere
Ausdrücke und Eigenarten aus der militärischen
Wirklichkeit übernommen, was im Gegensatz zu manch
anderem Spiel angenehm auffällt. Man hat nicht das
Gefühl, sich eben mal ein C64- Game reinzuziehen, sondern fragt sich fasziniert, was in diesem Spiel
nun Erfindung ist und was nur nachprogrammierte
Realität.
Spätestens, wenn man nach einem Blick auf die Packungsrückseite feststellt, daß die Minen gar nicht
explodieren, sondern entschärft werden sollten, wird
man merken, daß es sich nicht um ein stumpfsinniges
Ballerspiel handelt. Doch auch auf den Nervenkitzel
der bevorstehenden Vernichtung soll in diesem Spiel
nicht verzichtet werden, denn alsbald fliegen die
ersten Atomraketen und Sie haben alle Hände voll
zu tun, um wenigstens noch ein paar Abschußrampen via
Telefonleitung zu erreichen. Abschußrampen für
Raketenabwehrwaffen natürlich, nicht etwa für
Vergeltungsschläge, wir sind ja schließlich die Guten
in diesem Spiel!
Und schließlich, bei DEFCON 1, wenn wir unsere
letzten Waffen benutzt haben, präsentiert uns das
Programm emotionslos und kalt unsere Erfolgsrate.
Sollten Sie dann feststellen, daß Sie durch Ihre
mangelnden Englischund dadurch Anleitungskenntnisse
soeben zugelassen haben, daß das Herz der westlichen
Welt von Rußland zerbombt worden ist, so seien Sie
unbesorgt: Es war nur ein Spiel - und das können Sie
immer wieder spielen! Unser Tip für Sie: Greifen Sie
zu, ein Spiel, bei dem es sich lohnt!
LEBEN UND STERBEN LASSEN
Gerade noch rechtzeitig, bevor James Bond zu Gunsten
neuer Helden das Feld räumen muß, wurde er in einem
Computerspiel verewigt, genauer gesagt nicht er, sondern der Streifen ' Live And Let Die' . Der
allgemeine Bekanntheitsgrad der Schnellbootrennen in
diesem Film muß für die Programmierer ein derartiger
Anreiz gewesen sein, daß man glatt übersehen hat, daß
sich ein solches Bootsrennen für eine C64- Umsetzung
nicht eignet. So nimmt das Schicksal seinen Lauf. . .
Immerhin, hat man das Spiel geladen, so ist der
Anfang recht ansprechend. Bei dieser Gelegenheit sei
auch erwähnt, daß es nicht immer die Diskettenversion
sein muß, die wir testen. In diesem Fall war es
beispielsweise ein Programm von Cassette. Wegen der
Unzuverlässigkeit solcher Versionen müssen wir Ihnen
allerdings von Programmcassette abraten. Bestes
Beispiel ist dieses Spiel: Nach etlichen Fehlschlägen
auf der Vorderseite gelang es uns dann doch, das
Programm auf der Rückseite der Cassette zu laden, was
oft genug die Ausnahme ist. Aber weiter zum Spiel. . .
Es erscheint am oben erwähnten lobenswerten Anfang
also eine Weltkugel und ein weißer Pfeil, der auf der
selben herumdeutet. Mit dem Joystick kann man nun
ein Trainingsgebiet auswählen und um keine Lupe holen
zu müssen, ist die entsprechende Stelle auf der Kugel
noch einmal am Bildschirmrand beschrieben.
Und nun beginnt man mit der wilden Fahrt im
Schnellboot. . . Abgesehen vom Boot selbst, das man
nicht als solches erkennt, kommt einem alles bestens
bekannt vor, jedoch nicht aus dem Kinofilm, sondern
von den Autorennspielen, die es an jeder Ecke für
alle gängigen Computer zu kaufen gibt. Das seltsame
Etwas ( vermutlich das Boot, denn es hält sich über
Wasser - allerdings ohne dieses zu berühren, was die
Vermutung zuläßt, daß es sich auch um ein Flugzeug
handelt) ist schwer zu steuern, natürlich fern
von jeder Bootsrealität, kann schiessen ( wie alle
neueren Bootstypen), das aber nur in 90 oder 45 Grad-Winkeln und verbraucht soviel Sprit, daß man
damit gerade drei Flußkurven weit kommt. Dann ist der
Spaß auch schon wieder vorbei!
Gespannt wählt man ein anderes Übungsgebiet aus.
Waren es vorher die Sümpfe Floridas, so wird man nun
sinnvollerweise lieber die Sahara wählen, denn dort
gibt es wenigstens kein Wasser für Bootsrennen. Doch
weit gefehlt! Ob am sonst eher zugefrorenen Nordpol
oder mitten in der Wüste, wenn James Bond Boot fahren
will, gibt es Wasser überall!
Nervenkitzel total: Wielange halte ich es aus, dieses
Spiel zu spielen, bevor ich einschlafe? Oder:
Wie lange halte ich es aus, dieses Spiel zu spielen, bevor ich meinen Computer ausschalte? Oder: Wie lange
muß ich am Band ziehen, bis die Cassette leer ist?
Oder: Wie lange muß ich mit dem Verkäufer verhandeln, bis er mir mein Geld zurückgibt? Fragen, auf die wir
leider keine Antwort wissen. Probieren Sie' s doch
einmal aus. . . ? !